Polizeifunk digital

Abhörsicher und komfortabel

Sprechfunkverkehr wird durch Digitalisierung abhörsicher. Seit September gibt es nun ein digitales Polizeifunksystem, das damit ohnehin nicht wirksame Abhörverbote überflüssig macht.

1985 entschied die französische Gendarmerie, daß eine Modernisierung ihres Funksystems notwendig sei. Um hierbei einerseits die dringend notwendige Abhörsicherheit, andererseits aber auch eine auf die speziellen Aufgaben von Polizei und Sicherheitsdiensten ausgelegte Bedienung zu erreichen, plante man gemeinsam mit dem Militär. Man einigte sich - übrigens bereits vor der Ausarbeitung des GSM-Telefonsystems - auf ein digitales Funksystem, in dem auch Daten direkt übertragen werden können - eine wichtige Arbeitserleichterung gegenüber der heute üblichen mündlichen Durchgabe von Zahhlenkolonnen.

Nachdem die Spezifikationen ausgearbeitet waren, wurde die Firma Matra 1987 mit der Realisierung des neuen Systems beauftragt, das RUBIS getauft wurde. Die Firma Alcatel wurde daran beteiligt. Insgesamt waren ungefähr 200 Ingenieure 5 Jahre mit der Entwicklung beschäftigt, wobei 1 Milliarde Franc (etwas 300 Millionen Mark) verwendet wurden. Man rechnet mit einem Marktpotential von 20 Milliarden Franc (7 Milliarden Mark) in den nächsten 10 Jahren.

Die Verschlüsselung in RUBIS arbeitet vollautomatisch und verhindert nicht nur das Mithören, sondern auch die Unterscheidung von Gesprächen nach ihrer Wichtigkeit. Auch der Absender ist nicht aus der Codierung zu ermitteln. Daneben verbessert die Digitalisierung die Verbindungsqualität und Funkreichweite.

RUBIS wird bisher bestehende VHF-Sprechfunksysteme ablösen. Im Juli 1992 liefen erste erfolgreiche Pilotversuche in der Normandie und am 23. September diesen Jahres konnte der französische Verteidigungsminister FranÇois Léotard das neue Funknetz RUBIS in Rouen unter Beteiligung prominenter Gäste aus In- und Ausland offiziell eröffnen. Der landesweite Ausbau wird 1994 fortgeführt; bis 1998 soll der Systemausbau abgeschlossen sein.

Wie im Bündelfunk finden auch im Polizeifunk die meisten Funkverbindungen nur im lokalen Bereich statt. Ab und zu sind aber auch landesweite Verbindungen gefragt. Auch Gruppen- und Notrufe sind notwendig. Datenübertragung nach X.400 ist gewünscht; das System darf sich dabei nicht auf einen Zentralrechner abstützen, der ausfallen kann, sondern muß mit lokal verteilter Intelligenz arbeiten. Für den Fall, daß überhaupt keine funktionierende Basisstation in Reichweite ist, kann man die RUBIS-Funkgeräte auch auf Direktbetrieb umschalten: in diesem Fall wird auf die Verarbeitung durch das RUBIS-Netz verzichtet und die Funkgeräte treten wie einfache Walkie-Talkies direkt miteinander in Kontakt.

Wie die meisten modernen Funktelefonsysteme ist RUBIS zellular aufgebaut; Gespräche werden beim Verlassen einer Funkzelle an die nächste weitergereicht. Die Basisstationen senden mit 15 W, Mobilgeräte mit 10 W und Handgeräte mit 2 W. Damit soll eine Reichweite von ungefähr 30 km um die Basisstation erreicht werden. Man verwendet dieselbe GMSK-Modulation wie beim GSM-System, allerdings mit Einzelkanälen bei einem Kanalabstand von 10 kHz und einer Übertragungsrate von 8000 Baud.

Einzelne Mobil- oder Handgeräte können vom Netz gesperrt werden; ein gestohlenes Gerät kann also nicht benutzt werden, um ins System einzudringen.

Die Endgeräte können im VHF- oder UHF-Bereich arbeiten. In Frankreich verwendet man für RUBIS zur Zeit das 4m-Band bei 70 MHz. Auch für private Sicherheitsdienste wird das System unter der Bezeichnung Matracom 9600 angeboten, die französische Eisenbahn hat ebenfalls Interesse bekundet. Selbstverständlich ist auch an einen Lizenz- und Knowhow-Export in andere europäische Staaten gedacht. Einige lateinamerikanische Staaten wollen das RUBIS-System ebenfalls übernehmen. Die deutsche Polizei verfolgt die Entwicklung digitaler Netze seit Anfang der 80er Jahre und bemüht sich um eine möglichst europaeinheitliche Löung, die den bei RUBIS erreichten Stand soweit möglich nutzen wird.

(WDR)