Rundfunk contra Internet: Der Streit um wdr.org
 
 

 

 

Per "e.V." durchgesetzt:
Markenrecht geht vor Namensrecht - aus wdr.org wurde dl2mcd.de

Was wurde aus http://www.wdr.org ?

Ich wurde 1963 auf diese Welt gebracht und anläßlich dieses ungeheuerlichen Vorfalls von meinen Eltern auf den Namen Wolf-Dieter Rudolph Cunctator Roth getauft. Dieser Name war zumindest ganz offensichtlich eine ausgesprochen schwere Geburt. Deshalb verwende ich normal nur Wolf-Dieter Roth. Immer noch etwas lang. Aber es gibt Schlimmeres.

Seit 1975 schreibe ich nun bereits Fach- und andere Artikel, wobei von Anfang an das im Journalismus übliche Kürzel aus den Initialen gebildet wurde. Dies ist nicht meine Erfindung; es ist im Journalismus halt so üblich. Oder besser gesagt: WAR so üblich. Zukünftig wird sich möglicherweise kein Journalist mehr diesem Duktus beugen können und dürfen. Denn dass dieses Kürzel dabei in meinem Fall mit dem Kürzel einer deutschen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt korrelierte, war immer wieder mal Anlass für Gelächter und Scherze, mit den Jahren habe ich mich dann aber an den Spitznamen gewöhnt, der sich auch im Alltag durchsetzte. Im Funk wurde das Kürzel selbstverständlich nie benutzt, auch nicht im Hobby Amateurfunk, wo ohnehin das Rufzeichen DL2MCD vorgeschrieben ist. Lediglich in Printmedien (Zeitschriften, Zeitungen, Bücher) und im Internet. Größere Probleme brachte die Gleichheit der Abkürzungen der Anstalt und des Autors nicht.

Auch privat wurde ich bereits, seit ich 12 Jahre alt war, "WDR" gerufen. Tatsächlich war zumindest ich bereits seit Herbst 1999 gar nicht mehr freiberuflich tätig. Allerdings hatte ich bereits bei Axel Springer erfahren, daß man sich dort auf privaten Homepages nicht als Mitarbeiter des Verlages outen durfte und deshalb - und auch, weil ich von München aus gar nicht die Möglichkeit hatte, meinen Computer in Hamburg zu benutzen - die Umgestaltung der Website zu einer rein privaten Website erst nach bestandener Probezeit beim Vogel-Verlag und unserem Umzug geplant. Tatsächlich wollte meine Partnerin dort ihre Gemalde präsentieren und ich weiter meine alten Texte. Aktuelle Texte konnte ich ja ohnehin nicht verwenden - diese waren ja jeweils dem betreffenden Verlag verkauft!. Auch das Amateurfunkbuch, welches der Rundfunkanwalt Krings und das Gericht im Widerspruch zu internationalen Gesetzen als direkte Konkurrenz und Gefahr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sahen, konnte ich nur deshalb mit den ersten Seiten kostenlos anbieten, weil es gar nicht mehr im Handel war - auch jetzt handelt es sich bei den Texten daraus in der Amateurfunkabteilung auf dieser Site um die alte, vergriffene Auflage, nicht um die heute lieferbare.

Es ist schon absurd:
Ist ein arbeitssuchender Journalist, der öfters über Rundfunk schreibt, für eine Rundfunkanstalt

a) ein potentieller Arbeitnehmer?
b) jemand, der ihnen nützlich sein könnte?
c) oder aber ein Konkurrent, den man mit aller Härte bekämpfen muß???

Nun, für den westdeutschen Rundfunk kam nur c) in Frage - Journalisten beschäftigt man dort zwar, aber nur widerwillig: Zu melden haben die nichts, so die Chefjuristin. Und meine Fachartikel waren dem Intendanten Fritz Pleitgen ein Dorn im Auge, weil ich öfters über das vom bayrischen Rundfunk favorisierte, von ihm aber gehaßte Digitalradio DAB geschrieben hatte - recht neutral übrigens und keinesfalls für den bayrischen Rundfunk Partei ergreifend. PR macht man dort nur intern, Artikel in der Printpresse sind unerwünscht.

Die Abkürzung des eigenen Namens in Internetadressen ist völlig üblich: So haben beispielsweise weder die PR-Agenturen Fink & Fuchs "FFPR" als Marke eingetragen noch Ahrens & Behrent "A-B". Es geht hier nur um die Vermeidung von Tippfehlern bei langen und komplizierten Namen, da E-Mails anders als normale Post beim kleinsten Fehler in der Adresse als unzustellbar zurückkommen. Zudem hatte ich - weil uns damals internationale Kontakte viel wichtiger waren als innerdeutsche - auch gar keine .de-Adresse gewählt. Eine Assoziation mit dem westdeutschen Rundfunk war dagegen nie beabsichtigt und fand auch nicht statt. Das (mittlerweile eben deshalb verbotene) Impressum enthielt unsere normalen bürgerlichen Namen und unsere Postanschrift sowie Telefon- und Faxnummern.

Die erwähnte Sendeanstalt ist anderer Ansicht. Man ist dort ernsthaft der Meinung, daß ich aus der Kürzelgleichheit erhebliche wirtschaftliche Vorteile zöge und ihnen sogar Kunden abwerbe. Ich wüßte nicht wieso - was soll ich denn mit Radiohörern und Fernsehzuschauern??? Ein Programmheft biete ich hier nicht an. Und jeder "falsche" Hit auf dieser Website kostet nur unnötig Geld, da ich keinen Billighoster benutze, sondern einen professionellen Anbieter (http://www.speed-link.de), der ab einer gewissen Grenze nach Traffic abrechnet. Werbebanner gibt es hier auch nicht - Journalisten sollten unabhängig bleiben. Verleger sind wir erst recht nicht, auch wenn das Landgericht Köln dies gemäß einer Behauptung des Rundfunkanwalts Philip Krings anders entschieden hat. Daß jemand, der sich tatsächlich verlaufen haben sollte und eigentlich nur wissen will, wann die "Sendung mit der Maus" läuft, vor lauter Verzweiflung stattdessen mal eben eine Website in Auftrag gibt oder einen Internet-Fachartikel, ist auch kaum anzunehmen.

Doch mit dieser absurden Begründung konfrontierte man mich mit der unerwarteten Tatsache, daß - zumindest in Deutschland - Markenrecht plötzlich Namensrecht breche. Sagt jedenfalls der westdeutsche Rundfunk. Zwar hat diese Anstalt ihr Kürzel erst 1979 als Marke eingetragen, doch es gibt sie schon 40 Jahre - mich erst 38. Ende der Diskussion.

Dabei ist das Ganze überhaupt kein Thema: in den Suchmaschinen tauchten wir erst lange nach der erwähnten Anstalt auf, falls jemand nach ihr sucht, und in 1 1/2 Jahren gab es genau einen einzigen Besucher, der sich zu uns verirrt hatte - und das auch nur, weil er der deutschen Sprache nur sehr bedingt mächtig war. Auch habe ich die bewußten drei Buchstaben nie als Marke oder gar Firmenname benutzt - nur als Kürzel unter Artikeln oder E-Mails und nun eben als Bestandteil einer Internetadresse.

Für alle Fälle hatten wir auch eine Hilfe für solche "Irrläufer" eingebaut - und genau dieser Hinweis war nun Anlaß der Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung. Sprich: weil wir nett waren, haben wir jetzt den ganzen Ärger am Hals. Wir haben deshalb dort auch die eigentlich zu empfehlende Jobbörse der bewußten Anstalt auf Bewerbung.net entfernt, denn wenn schon ein nett gemeinter Link für verirrte Surfer solche Folgen hat, wie wird dann erst die Rache für ein Lob aussehen?

Besonders ärgerlich: Gerade diese Anstalt hat sich durch so verdiente Kollegen wie Jean Pütz (Hobbythek), Wolfgang Back (Computer-Club) oder Jörg Schieb (Windows-Kenner und Fachbuchautor) im Metier des Technik- und Computerjournalismus einen guten Ruf erworben. Doch wenn es ums Geldmachen und Rechthaben geht, dann interessiert der eigene Ruf halt nicht mehr.

25 Jahre (und 5 Jahre im Internet - seit 1995 war ich mit einer Compuserve-Homepage im Netz vertreten) hat die Parallelität des Kürzels niemand gestört. Natürlich wußte auch die bewußte Anstalt Bescheid, und ich war mit der Adresse auch in Branchen-Newslettern wie Max Bold's Journalisten-Newsletter und dem Kress Report erwähnt worden. Nachweislich wurden diese auch von mehreren Mitarbeitern des westdeutschen Rundfunks gelesen. Auch mündlich hatte man mir versichert, das sei alles ok. Hätte man damals Einspruch erhoben, wären die Folgen ungleich geringer gewesen. Und natürlich hatten wir uns auch vor Anmeldung der Domain juristisch versichern lassen, daß der eigene Name als Grundlage des Domainnamens im Gegensatz zu irgendwelchen ausgedachten Markennamen die sicherste Lösung überhaupt sei. Lediglich .de-Domains seien besser zu vermeiden, weil die stets von größeren Firmen zuungunsten kleinerer Firmen und Privatleuten "freigeklagt" würden. .org dagegen ist ausdrücklich für Individuen (wie eben Freiberufler) sowie gemeinnützige Organisationen bestimmt. Lediglich Firmennamen sind unerwünscht. Aber sowas hatten wir ja eh' nicht.

Das System der Top-Level-Domains wurde genau dafür eingerichtet, daß es keine solche Kollisionen gibt. xxx.org ist eben nicht dasselbe wie xxx.de. Es ist ein reines Adreßsystem und für Markennamen gar nicht bestimmt - man kann Domainnamen daher auch nicht als Marke registrieren. Doch ein Link auf unseren Auftritt hier von Bewerbung.net aus hat man uns als Markenmißbrauch angelastet.

Jetzt wird es plötzlich geltendes Recht, daß Lieschen Müller Hans Müller seinen Namen verbieten dürfte, weil sie die alleinigen Rechte an allen Vornamen hätte, deren Nachnamen Müller seien und Hans ihr seinen Namen deshalb übereignen müsse. Oder die Stadt München würde plötzlich der Stadt Buchloe die Bergstraße verbieten lassen, weil es in München auch eine Bergstraße gibt und falls jemand nach einer Firma in der Münchner Bergstraße in Buchloe suche, könne ein anderer so unrechtmäßigerweise Besucher bekommen und geschäftliche Vorteile aus der Namensgleichheit ziehen. Ganz zu schweigen von einem Herrn Berg, der dann auch noch Anstoß an den zahlreichen Bergstraßen in deutschen Ortschaften nehmen könnte...

Klingt Plem-Plem, nicht? Ist es auch. Doch mit Internet-Domains wird das von den Entwicklern des WWW vorgesehene Adreßsystem nun auf dem Wege des Markenrechts solchermaßen ausgehebelt.

Vor einigen Jahren war es gang und gäbe, daß sich "Domain-Grabber" interessante Namen reservierten und dann hofften, sie für teures Geld weiterverkaufen zu können. Mittlerweile hat sich das umgedreht, es ist inzwischen äußerst gefährlich, interessante Namen zu besitzen. Internet-Domainstreitigkeiten sind für die Anwälte ein gutes Geschäft geworden und deshalb an der Tagesordnung. Ob der Inhaber einer Domain oder der Interessent an dieser diese auch wirklich benutzt oder benutzen will, ist dabei nebensächlich. Im Gegenteil: wer einen Grund für den Namen seiner Domain hat und diese aktiv benutzt, ist meist sogar schlechter dran.

Daß die erwähnte Anstalt z.B. beabsichtigt, über Deutschland (bzw. ja nur einen Landesteil hiervon) hinaus international zu expandieren, und ihr deshalb die bereits eigene .de-Domain (sowie mindestens 20 weitere .de-Domains, die auf Unterteile des Angebots verweisen) nicht mehr gut genug sei, darf bezweifelt werden. Mit dem Rundfunk-Staatsvertrag wäre dies jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Dennoch: sie möchte nun auch die von uns bislang verwendete .org sowie weitere wie .com (gehört momentan noch einem multinationalen Bankenkonzern, der bis vor kurzem unter Warburg Dillon Read firmierte) verwenden. Der Inhaber der .net-Domain hat bereits beigegeben - sie ist nicht mehr online.

International nennt man so etwas "Domain-Hogging", und es gilt als äußerst unfein. Zukünftige neue Top-Level-Domains wie .eu werden so völlig sinnlos: sie sollten ja gerade - ebenso wie die bereits existierenden - verschiedene Unternehmen unterschieden können. Doch in der Praxis wird man nur abwarten, bis sich eine solche Domain gut eingeführt hat, und dann einen Streit in Millionenhöhe vom Zaun brechen, um den Inhaber ab- sowie die Domain einzukassieren und dem eigenen Pool hinzuzufügen.

Mit einer einstweiligen Verfügung (bei Zuwiderhandlung werden pro Fall stolze 500.000 Mark fällig, was selbst populäre Fälle wie die Streits um die AOL-Werbung um ein Vielfaches übersteigt - dort wurde "nur" auf 100.000 je Fall geklagt) wurde uns daher die bislang verwandte .org-Adresse untersagt. Und zwar insbesondere "im geschäftlichen Verkehr mit Fachjournalismus, Public Relations, Web-Design, Kunst und Kontakt", so die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln. Die Schutzschrift unseres Anwalts, die gegen die einstweilige Verfügung vorlag und so ein Desaster vermeiden sollte, hat man vor Genehmigung der EV gar nicht gelesen. In diesem Fall zieht das Gericht einfach die "Lokalgröße" vor.

Unsere "Firma" (wobei es sich nur um zwei Freiberufler handelte, wir werden also ganz bestimmt nicht an die Börse gehen :-) ist also offensichtlich in allen diesen Bereichen eine große wirtschaftliche Gefahr für die öffentlich-rechtliche Anstalt. Insofern absurd, als ich im Journalismus Auftragnehmer, die Anstalt dagegen Auftraggeber ist, und in den anderen Bereichen gar keine Berührungspunkte bestehen. Wobei wir - um entsprechenden Vermutungen gleich vorzubeugen - ergänzen müssen, dass es sich bei dem inkriminierten "Geschäftszweig Kontakt" keineswegs um ein Partnerschaftsinstitut oder gar etwas aus dem Rotlichtbezirk handelt, sondern lediglich um unsere Anschrift. Auf Webseiten ist diese Bezeichnung üblich, aber Juristen haben da anscheinend andere Assoziationen. Sei's drum.

Trotzdem ärgerlich, da wir Freunden, Familienmitgliedern und Geschäftspartnern extra gesagt hatten, daß wir nach dem Umzug dort unsere neue Telefonnummer und Anschrift hinterlegen - und dann muß der Eintrag 5 Tage nach dem Umzug offline genommen werden. Ein Kunde ging prompt zu einem Wettbewerber, allerdings nicht zur bewußten Anstalt. Die bietet nämlich gar kein Webdesign an, auch wenn sie es uns unter Mißbrauch des Marken- und Wettbewerbsrechts verbieten will. Aber vielleicht hat man es ja zukünftig geplant?

Außerdem verlangte die Sendeanstalt die Übergabe der Domain und damit automatisch auch unseres kompletten E-Mail-Verkehrs. Und da hört sich der Spaß wirklich auf! Wir haben keinerlei Interesse daran, daß unsere geschäftliche oder private Post demnächst öffentlich im Fernsehen breitgetreten wird (soll das vielleicht eine neue Sendereihe werden - "Aus deutschen E-Mail-Briefkästen"?), und unsere Kunden ebensowenig. Nicht mal die vielgescholtenen Privatsender kämen auf so eine unmögliche Idee - wir werden dies auf keinen Fall akzeptieren. Als nächstes wollen sie vielleicht noch unseren Briefkasten- oder Postfachschlüssel???

Angeblich ist der ganze Terz notwendig, weil sonst die Marke des Rundfunksenders verwässere und ihren guten Ruf verliere. Dabei hat der Rundfunk in Deutschland nicht einmal die ältesten Rechte an dieser Abkürzung: die Wyker Dampfschiff-Reederei benutzt sie seit 1885. Eine offensichtlich menschlichere Firma - Zitat:
"
Was unterscheidet die *.*.*. von dem ***? ANTWORT: Mit der *.*.*. kann man fahren, auf den *** muß man hören". Zusatzkommentar: Und wer nicht hören will oder kann, weil er außerhalb des Sendebereichs wohnt, muß fühlen...
(Anmerkung: Ob eine Abkürzung mit Punkten oder ohne geschrieben wird, spielt rechtlich übrigens keine Rolle).

Da ich mit meinem guten Namen im Internet somit anscheinend keinen Blumentopf mehr gewinnen und nur viel Geld verlieren kann (auch andere Abkürzungen und ebenso die Langform würden ja wieder Markenrechte anderer Firmen berühren, und mir meinen eigenen Namen als Wortmarke schützen zu lassen, ist mir nicht nur schlichtweg zu blöd (sowas tut nur ein gewisser Boris B.), sondern würde dann ja wieder anderen gleichnamigen Mitbürgern die Verwendung ihres Namens verbieten, was einfach nicht die Lösung sein kann), benutzen wir jetzt die Domain dl2mcd.de sowie journalist-wolf-dieter-roth-und-webdesignerin-robin-lynn-miller.de.

DL2MCD ist dabei mein mir persönlich von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zugeteiltes Amateurfunkrufzeichen. Da diese international koordiniert und zugeteilt werden, bin ich vor Ansprüchen anderer somit sicherer als mit meinem bürgerlichen Namen. Und die Behörde hat uns zugesichert, auch weiterhin keine Einwände gegen die Verwendung dieses Rufzeichens als E-Mail- oder Internet-Kennung sowie als Signatur in Fachartikeln zu haben. In Amateurfunkmagazinen war dies bereits öfters geschehen.

International ist das Recht übrigens anders als in Deutschland. Das hilft uns allerdings nicht - deswegen können wir ja nun nicht gleich auswandern. Natürlich wurde der Fall auch noch vor Gericht verhandelt. Mit bekanntermaßen nicht voraussagbarem Ergebnis ("...vor Gericht und auf hoher See..."). Und angesichts der bislang gelaufenen Dinge enthält der öffentlich-rechtliche Auftrag der erwähnten Anstalt anscheinend auch die Existenzvernichtung vermeintlicher Konkurrenten.

Vor Gericht wurde gesagt, es bestünde überhaupt keine Notwendigkeit, daß ich zukünftig auch nur einmal noch etwas unter meinem bürgerlichen Namen veröffentliche, ob nun abgekürzt oder nicht, ich könne ja unter Pseudonym veröffentlichen. Daß technische Fachautoren nunmal keine Romanschreiber sind und ein Artikel aus meiner Feder, aber mit Pseudonym für meinen Verlag uninteressant ist, spielt keine Rolle. Al Gore hat ja angeblich nur das Internet erfunden; die Herren in Köln aber dann wohl gleich noch den Fachjournalismus dazu. Sicherheitshalber habe ich meine Anschrift deshalb komplett von dieser Site entfernt - der Impressumspflicht ist mit dem Denic-Eintrag Genüge getan, aber Kontaktinformationen wurden mir verboten. Wenn Sie mich oder meine Partnerin sprechen wollen, müssen Sie zukünftig erst in Köln um Erlaubnis fragen...

Fast wäre man angesichts des Datums, an dem das Verfahren begann - die letzte Karnevalswoche - geneigt, an einen Kölschen Jeckenstreich zu glauben. Schließlich werden zu diesem Zeitpunkt im Rheinland keine ernsthaften, geschweige denn vernünftigen, Entscheidungen mehr getroffen und man bekommt auch niemand mehr - zumindest nüchtern - ans Telefon. Doch zum 1.5.2000 benannte sich der internationale Investmentbankkonzern Warburg Dillon Read - damals noch Inhaber von http://www.wdr.com - in UBS Warburg um und ließ die Herren Dillon und Read fallen, weil man auch fetten Ärger mit den Kölner Jecken bekommen hatte. Als ob die Familie Warburg nicht schon genug Ärger mit dem deutschen Staat gehabt hätte. Und wenn selbst ein so finanzkräftiges Unternehmen in die Knie geht, dann ist klar: es handelt sich leider um keinen schlechten Alptraum, sondern nur um eine überteuerte Fernsehproduktion mit einem schlechten Drehbuch. Und wer immer noch glaubt, daß die Haupteinnahmequelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die GEZ-Gebühren sind, der soll mal schön weiterträumen...

Wird es noch personenbezogene Internet-Adressen geben ?

Radio Eriwan, äh: Köln sagt: jein. Nicht für normale Bürger wie du und ich. Nicht unter .de-Domains, nicht unter den extra für natürliche Personen (und gemeinnützige Organisationen) bestimmten .org-Domains und wenns nach denen geht auch nicht unter der geplanten neuen .name-Domaingruppe für private Homepages.

Eine Ausnahme sind berühmte Persönlichkeit. Insbesondere aus Funk und Fernsehen berühmte Personen, versteht sich. Wie Boris Becker, Steffi Graf oder die ach so tollen Leute aus den Big Brother-Shows. Wer beispielsweise in der Fernsehshow "Big Brother", die das Buch "1984" von George Orwell, aus dem dieser Name stammt, ad absurdum führt (und auch schon Leuten, die im Netz über das Buch sprechen, die ersten Abmahnungen einbrachte) vor laufender Kamera den Fernseh-Container vollpupst, hat sich um den Fortschritt der Menschheit genug verdient gemacht, daß er seinen Namen (ob nun den echten oder einen Spitznamen) als Marke und damit anschließend auch als Internetadresse anmelden kann. Ich halte dagegen im Büro meine Winde bei mir, was meine Kollegen zwar durchaus zu schätzen wissen, mich aber fürs Fernsehen ungeeignet macht. Damit kann ich auch leben, ich muß mich nicht vor laufender Kamera zum Affen machen, auch wenn dieser Job besser bezahlt wird als meiner. Aber damit bin ich kein Produkt, keine Marke und damit gibts auch legal keine Domain mehr.

Konkret:

  • Es ist völlig legal, wenn mich die Leute weiter mit dem aus meinen Initialen gebildeten Spitznamen bzw. Autorenkürzel WDR nennen wie auch die letzten 25 Jahre (daß ich das inzwischen nicht mehr will, ist eine andere Sache)
  • Es ist auch legal, wenn ich das selbst tue.
  • Es besteht keine Verwechslungsgefahr, auch wenn dieser Kürzel mit dem Kürzel der Kölner Rundfunkleute übereinstimmt. Wobei die es sich selbst ausgesucht haben, im Gegensatz zu mir. Ich bin mit den Initialen geboren und bekomme sie in jeder Redaktion ganz automatisch als Autorenbezeichnung, ebenso in vielen Datenkommunikations-Programmen als Kennung, sobald ich dort wie vorgeschrieben meinen Namen eintrage. Für "Westdeutscher Rundfunk" wäre dagegen WR oder WDRF logischer gewesen. Das ist aber nicht mehr zu ändern, da vor Jahrzehnten entschieden.
  • Wenn ich allerdings dem erlaubten WDR noch Zeichen hinzufüge, wie ein @, weitere Buchstaben und eine beliebige Top-Level-Domain - auch eine, die prinzipiell natürliche Personen bezeichnet und keine Firmen - dann ist das plötzlich wesentlich verwechslungsfähiger und deshalb verboten. Internetadressen dürfen sich inzwischen nur noch auf Firmen beziehen und auf Produkte von Firmen, nicht auf natürliche Personen, wie es jahrelang üblich war. Eine Internetadresse in Buchstabenform muß jetzt mit einer eingetragenen Marke abgesichert sein, und auf einen normalen bürgerlichen Namen kann man nur eine Marke eintragen, wenn es ein Produkt dazu gibt.
  • Prinzipiell gibt es Ausnahmen für private Homepages. Eine Homepage ist allerdings in den Augen der Juristen so gut wie nie privat. Ein Werbebanner eines Gratis-Webspace-Anbieters, ein Hinweis auf ein Produkt ("Diese Fotos sind mit einer Nikon xxx bei Blende 8 und 1/125 Belichtung aufgenommen" oder "das ist mein Porsche") oder gar den eigenen Arbeitgeber bzw. die eigene Arbeit, und die strengen juristischen Kriterien sind nicht mehr erfüllt. Mir ist nur eine Website bekannt, bei der das Kriterium "privat" durchgekommen ist: Vivian.de, denn das Mädel ist erst zwei Jahre alt und somit nicht geschäftsfähig. Hat aber schon mehr Links und Banner, als ich je haben werde. In dem Fall wollte die Zeitschrift Vivian die Domain übernehmen, doch inzwischen hat sich die Sache erledigt, denn die Zeitschrift wurde eingestellt. Glück für Vivian, denn auch wenn sie mit ihren zarten 2 Jahren älter ist als das Blatt, wäre sie sonst schon im Vorschulalter ein Sozialfall geworden.

Nein, verstehen muß man das alles nicht; es ist Juristen-Schikane und hat mit "Vernunft" oder "gesundem Menschenverstand" schon per Definition nichts zu tun. Aber wissen muß man es.

Wir sind keine Namen, sondern Nummern

Der durch Serienabmahnungen bekannte Anwalt Günter Freiherr von Gravenreuth hat hierzu auch bereits geäußert, daß er die sprechenden Internetadressen, wie wir sie heute kennen, nur eingetragenen Marken juristisch unangreifbar zugesteht. Internetadressen, die sich auf natürliche Personen (also Menschen) und nicht juristische Personen (also Firmen) oder Produkte von Firmen beziehen, sollten nicht mit Buchstaben oder gar Namen bezeichnet werden, sondern nur mit IP-Nummern, so Gravenreuth, da dies ausreichend und ungefährlicher sei. Nachdem er unter seinem Namen seine Rechtsanwaltskanzlei eingetragen hat, darf er also diesen seinen Namen auch als Internetadresse führen. Andernfalls müßte die Webadresse dagegen beispielsweise http://192.34.230.169 oder auch http://8.15.47.11 lauten - wie bei einer Telefonnummer.

Das technische Problem bei dieser rechtlich und menschlich ohnehin bereits fraglichen Idee: diese IP-Ziffern bezeichnen nun einmal gar keine Menschen oder Websites, sondern lediglich Computer. Ganz konkret: Webserver. Auf diesen laufen aber bei einem Webhoster viele verschiedene Webauftritte unter verschiedenen Namen. Eine größere Firma mag durchaus einen eigenen Webserver und damit eine eigene IP-Nummer oder gar mehrere für ihren Webauftritt haben - ein Privatmann kann sich das überhaupt nicht leisten. Es gibt nicht genug IP-Nummern für jeden Webserver. Von den E-Mail-Adressen erst gar nicht zu reden. Die preiswerten Domains wiederum stünden Einzelpersonen dann aber nicht zu. Schöne neue Welt (übrigens ein anderer berühmter Buchtitel, der aber bestimmt bald wie Big Brother von irgendeinem Zyniker als Marke registriert wird, um eine geschmacklose Fernsehshow damit aufzubauen...) - Menschen werden zu Nummern und nur Produkte dürfen Namen haben. :-((

(Nachtrag: Es sei angemerkt, daß Gravenreuth - im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen - später hinzulernte und heute diese Meinung aus 2000 ff. nicht mehr vertritt.)

Nummernlotto: auch nicht weniger gefährlich

Sicherheit bieten die Nümmerchen übrigens auch nicht. Nehmen wir das Beispiel http://8.15.47.11: 4711 ist bekanntlich eine eingetragene Marke für ein Kölner Duftwasser. Und eine Telefonnummer, die 4711 enthielt, wurde in Köln (wo auch sonst als in der Hochburg des Markenrechts?) sowie auch in Berlin bereits einmal eingeklagt. Unbeschadet der Tatsache, daß man sich Telefonnummern ja (ebensowenig wie IP-Nummern übrigens) nicht selbst aussuchen kann. Doch so bietet das Markenrecht auch die nette Möglichkeit, echten oder eingebildeten Konkurrenten neben der E-Mail auch Fax oder Telefon abzudrehen: Marke auf die Nummer des Feindes anmelden, dann warten bis die Marke eingetragen und die Widerspruchsfrist abgelaufen ist (ein Widerspruch wird nicht kommen, denn wer kontrolliert schon, ob seine eigene Telefonnummer als Marke angemeldet wird?) und dann einstweilige Verfügung, am besten in den Betriebsferien des Gegners oder während der Chef eine Woche auf einer Konferenz im Ausland ist. Tja, und dann sind jedesmal, wenn der Verklagte nochmal sein Telefon abhebt, 500.000 Mark fällig. Toll, was?

Natürlich würde dieser Fall in einem regulären Verfahren nie durchgehen. Bei der einstweiligen Verfügung aber schon. Und was eine so über Monate bis zum Hauptprozeß abgedrehte Telefonnummer bei einer großen Firma bedeuten kann, muß ich ja wohl nicht erläutern. Daß diese ihe Telefonnummer nicht als Marke benutzt hat, spielt keine Rolle - auch bei mir war wolf_privat@wdr.org nur eine E-Mail-Adresse und weder ein Produkt- noch ein Firmenname, ebensowenig wie http://www.wdr.org.

Ist denn jetzt Ruhe?

Nein. Der westdeutsche Rundfunk war nicht gewillt, sein nach seinen eigenen Vorgaben (und darüber hinaus!) gefälltes Urteil zu akzeptieren. Das verbietet ja nur die Benutzung der Internetadresse http://www.wdr.org im geschäftlichen Zusammenhang, Besitz und privater Gebrauch sind erlaubt. Die einstweilige Verfügung mit 51-Stunden-Ultimatum und den Prozeß hat man aber nur durchgezogen, um mich finanziell fertig zu machen. Um die Domain selbst zu kriegen und Reverse Domain Hijacking offiziell zu legalisieren - worum es ja ursprünglich einmal gegangen ist - drohte man mit einem zweiten Prozeß.

Eine Übergabe, die man in der Unterlassungerklärung innerhalb weniger Tage wollte, konnte man rechtlich nicht verlangen und sich mit mir außergerichtlich einigen wollte man schon aus Prinzip nicht. Angeblich verbietet dies der Status einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. "Böse Journalisten" könnten darin eine verbotene Kooperation einer gebührenfinanzierten Institution mit einem Privatunternehmen sehen, so der westdeutsche Rundfunk. Es ist aber anscheinend eher die Aufgabe des öffentlich-rechlichen Systems, mit Privatleuten bzw -unternehmen auf Hauen und Stechen zu konkurrieren.

Wobei: anderswo hat das öffentlich-rechliche System gar keine Probleme, zu kooperieren. So werden die WISO-Programme von Data-Buhl ja beispielsweise ausdrücklich mit der gleichnamigen ZDF-Sendung beworben. In dem Fall zahlt Data-Buhl allerdings Lizenzsummen in Millionenhöhe. Ähnliche Fälle sind ZDF.MSN (Zweites Deutsches Fernsehen und Microsoft - inzwischen ist das ZDF auf T-Online als Kooperationspartner umgestiegen), etliche Schleichwerbungsvereinbarungen des ZDF mit Kaufhof, VW und der Post sowie alle möglichen Küchenartikel wie Knoblauchpressen und Kochbücher, die sich auf die Biolek-Kochsendung des westdeutschen Rundfunks beziehen. Überall dort ist also eine sogar bezahlte Kooperation kein Problem. Nur bei mir ist dagegen auch nur das geringste Entgegenkommen angeblich nach Rundfunk-Staatsvertrag verboten, obwohl da nun beim besten Willen niemand eine Kungelei gesehen hätte. Aber ich kann ja auch aus einer Kooperation keinen Nutzen ziehen und würde daher auch dafür kein Geld ausgeben, selbst wenn ich es hätte.

Da ich nicht noch einen Prozeß brauchen kann, habe ich die Domain wdr.org inzwischen wie von den Rundfunk-Anwälten verlangt aufgelassen. Sie wurde anschließend übrigens nicht vom westdeutschen Rundfunk neu registriert (denen ging es wohl doch mehr darum, mich möglichst spektakulär in die Pfanne zu hauen, als um die angeblich so wichtige Domain), sondern von einer privaten schweizer Gruppe, der World Domain Rights-Organisation. Immerhin: vom dem westdeutschen Rundfunk verhaßten Amateurfunk ist dort jetzt nicht mehr die Rede. Dafür allerdings netterweise von diesem und anderen ähnlich unfairen Domain-Prozessen wie Etoys oder Leonardo. Vielen Dank an die Schweizer, die ja schon zu Zeiten von Wilhelm Tell schikanösen Obrigkeiten beherzten Widerstand leisteten.

DL2MCD

 

...und wenn jetzt noch Fragen offen sind (was ich fast annehme!), dann lesen Sie bitte die

FAQ WDR

(Achtung: etwas längere Ladezeit)

... und wer uns unterstützen möchte, kann ab sofort über diesen Link Bücher bei Amazon.de bestellen - es würde zwar verdammt viele Bücher brauchen, um von 5% Provision den Prozeß zu finanzieren, aber Lesen bildet ja bekanntlich - ganz im Gegensatz zum Fernsehen! - und damit ist es im doppelten Sinn für einen guten Zweck, ohne etwas zusätzlich zu kosten - nicht mal Porto...!

1&1 hat uns ebenfalls einen sehr reichhaltigen Shop gebaut. Dort gibt es unter anderem T-DSL, Handys, Internetzugang, ISDN-Anschlüsse, Consors-Online-Broking, Online-Shopsysteme, 0700er-Telefonnummern und natürlich die bekannt preisgünstigen und dennoch zuverlässigen Websites unter eigener Domain.
Um ehrlich zu sein: wegen letzterem haben wir den 1&1-Shop lange nicht beworben, denn wir wollen ja nicht noch mehr Leute ins Unglück stürzen. Auch wollen wir unserem eigenen Provider Speedlink eigentlich nicht das Wasser abgraben. Solange die Website aber wirklich rein privat ist - und schon ein Werbebanner der 1&1-Community macht sie leider bei manchen unserer Rechtsverdreher zu einer kommerziellen Website - besteht allerdings keine Gefahr. Gleiches gilt für eine Vanity-Rufnummer wie 0700-JOHNDOE. Wer bei der 0700-Rufnummer Probleme vermeiden will, kann außerdem auf das Buchstabenäquivalent verzichten und nur eine normale Telefonnummer angeben.

Die gesammelten Erfahrungen aus nun acht Jahren Jura-Terror - und da geht es dann nicht nur um mich - habe ich in dem Buch "Internet, Recht und Abzocke" zusammengefaßt, um anderen so einen Alptraum zu ersparen.

 
 
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