Rundfunk contra Internet: Der Streit um wdr.org
 
 

 

 

Per "e.V." durchgesetzt:
Markenrecht geht vor Namensrecht - aus wdr.org wurde dl2mcd.de

Versuchter Domainklau

Als das mit wdr.org passierte, klappte bei meinem Provider zunächst nicht alles auf Anhieb mit der neuen Adresse. Einer der Hotliner, ein Mann aus dem Osten Deutschlands und somit jahrlangen Kummer mit den Obrigkeiten gewohnt, meinte damals nur, ich solle mich nicht so aufregen, denn das sei doch erst der Anfang, ich würde die Kölner sowieso nun für den Rest meines Lebens am A.... haben. Fand ich damals etwas frech - aber leider ist es die Wahrheit. :-( Gibt man denen den kleinen Finger...

Am 11.8. wurde mir von der Registrierungsstelle für amerikanische Domains, Networksolutions USA, eine Mail vorgelegt, mit der die Domain wdr.org an eine Dienststelle der Telekom Oldenburg übertragen werden sollte. Auch der Verantwortliche von wdr.de war in den Einträgen enthalten; trotzdem hielt ich das Ganze zunächst für einen schlechten Scherz, mit dem jemand der Telekom was ans Bein binden wollte. Schließlich war zwar in der Unterlassungserklärung, jedoch nicht mehr in der einstweiligen Verfügung und auch nicht mehr im Gerichtsverfahren oder -urteil von der eigentlichen Übergabe der Domain die Rede - nur davon, daß ich auf diesen nicht mehr meinen Lebenslauf, meine Telefonnummer etc. angeben dürfe. Und vom Rundfunk hatte mich auch niemand kontaktiert. Außerdem wird wdr.de ja auch nicht von der Telekom betrieben. Also wurde diese Mail als Fälschung angesehen und dementsprechend ablehnend beantwortet.

Eine spätere Nachfrage bei der Telekom Oldenburg ergab jedoch, daß man tatsächlich einen Kaufvertrag des westdeutschen Rundfunks für wdr.org vorliegen habe. Man hatte meinen Namen, eine Kunden- und eine Auftragsnummer.

Kaufvertrag??? Ich hatte keinen Kaufvertrag unterschrieben, wdr.org stand auch nie zum Verkauf.

Daraufhin hat die Telekom Oldenburg nochmal genauer nachrecherchiert: Der Rundfunk hatte einfach die einstweilige Verfügung (also noch nicht einmal das Gerichtsurteil, das ja auch gegen die EV hätte ausfallen können) an die Telekom geschickt und auf Grundlage dessen die Domainübernahme in Auftrag gegeben. Natürlich hatte bei der Telekom sich niemand durch die EV durchgewühlt (haben Sie vielleicht das Urteil komplett gelesen? Also...) und deshalb auch nicht gemerkt, daß man hier den Deppen machen sollte. Der Telekom war der Vorfall peinlich, man hat sich bei mir entschuldigt. Man übernehme dort ständig eingeklagte Domains für den westdeutschen Rundfunk (wieviele pro Tag, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen, aber ebenso wie am Landgericht Köln sind wohl ganze Abteilungen damit gut ausgelastet...), und sei deshalb davon ausgegangen, daß auch ein entsprechendes Urteil ergangen sei. Für mich ist dies aber versuchter Diebstahl, zumal ich ähnliche Vorfälle gerade wenige Wochen zuvor in der PC-ONLiNE beschrieben hatte. Da im Prinzip jeder ein solches Formular bei Networksolutions ausfüllen kann, war nicht zu erwarten, daß es sich tatsächlich um einen offiziellen Vorgang handelt.

Merkwürdiger Stil, statt eine mögliche Domainübergabe vernünftig anzusprechen, es durch einen Dritten einfach mal so zu probieren. Selbst wenn man dort glaubt, einen Anspruch auf die Domain zu haben (wovon seit 4 Monaten nicht mehr die Rede war), so kann man das doch nicht einfach so ohne Vorwarnung durch die Hintertür regeln?!? Immerhin hatte ich zwar mittlerweile alle privaten Konatkte informiert; es liefen aber immer noch Pressemitteilungen für PC-ONLiNE über E-Mail-Adressen von wdr.org, auch wenn diese nach außen nicht mehr angegeben werden, weil die Firmen ihre Verteiler noch nicht aktualisiert haben. Und auch teils sehr vertrauliche E-Mails für die Bank UBS Warburg - zuvor Warburg Dillon Read - liefen immer noch auf dieser Domain auf, weil die sie vor mir hatten. Bei mir sind diese Mails sicher - aber im Rundfunk???

Ich rechnete schon mit einem Schreiben des Rundfunks, in dem man sagt "nachdem Sie unser Angebot zur Güte nicht angenommen haben...". Ich hatte sowas mal vor einigen Jahren von einem dieser Verlage, die einem Bücher 14 Tage zur Ansicht schicken: Buch gefiel nicht, ging nach 3 Tagen zurück. Rechnung kam trotzdem. Rechnung wurde nicht bezahlt. Verlag schickte Ziegelstein per Nachnahme. Ziegelstein-Nachnahme wurde nicht angenommen, ging zurück. Rechtsabteilung des Verlags schrieb empört "nachdem Sie unser Buch behalten und unser Angebot zur Güte nicht angenommen haben..." - kurz vor dem Gerichtstermin fand der Verlag dann sein zurückgesandtes Buch plötzlich doch wieder...

Es paßt in ein von Anfang an unsauberes Verhalten:

  • erst die Zusendung der Abmahnung und Unterlassungserklärung mit Streitwert 10.100 Mark in der Aufmachung einer freigestempelten Pressemitteilung (von denen ich damals kurz vor der CeBIT täglich 20-50 bekam) statt z.B. als Einschreiben

  • dann die Auskunft des Justitiars gegenüber meinem Anwalt, die Abmahnung "koste die üblichen Gebühren" und es wären weder Kompromisse noch eine Übergangsfrist möglich, was dazu führte, die Unterlassungserklärung nicht zu unterschreiben, weil es mir niemals möglich gewesen wäre, dieser fristgerecht ohne Computer im Umzug nachzukommen und dann ja sofort 10.100 Mark fällig geworden wären

  • dann eine einstweilige Verfügung nur eine Stunde nach Ablauf des Ultimatums mit plötzlich 500.000 Mark Streitwert. Die Folge: in der Endproduktion der PC-ONLiNE mußte ich plötzlich aus derselben aussteigen und einen Verlagscomputer umbauen, um auf die Webseiten zugreifen und der einstweiligen Verfügung nachkommen zu können.
    Selbst der vielgeschmähte Abmahnanwalt Freiherr von Gravenreuth benutzt stets denselben Streitwert in Abmahnung und Verfahren, legt also das zu erwartende Risko eines Prozesses klar dar. Ich soll dagegen als "abschreckendes Beispiel für echte Verfolger des westdeutschen Rundfunks dienen", so derselbe. Bitte wen soll das denn abschrecken? Herrn Kirch?? Wohl kaum. Oder andere Leute, deren Initialen auch WDR sind? Oder soll es den normalen Fernsehzuschauer beeindrucken?

  • und nun wird behauptet, es hätte eine Übergangsfrist gegeben (würde ich auch nachher sagen...) und die Unterlassungserklärung wäre gratis gewesen, ich und mein Anwalt seien aber zu blöd, zu wissen, daß "die üblichen Gebühren" gratis bedeutet. Na toll :-((

Das ist aber immer noch nicht alles, denn:

Jetzt wird auch W.D.Roth verboten

 

... und wer uns unterstützen möchte, kann ab sofort über diesen Link Bücher bei Amazon.de bestellen - es würde zwar wohl verdammt viele Bücher brauchen, um von 5% Provision den Prozeß zu finanzieren, aber Lesen bildet ja bekanntlich - ganz im Gegensatz zum Fernsehen! - und damit ist es im doppelten Sinn für einen guten Zweck, ohne etwas zusätzlich zu kosten - nicht mal Porto...!

1&1 hat uns ebenfalls einen sehr reichhaltigen Shop gebaut. Dort gibt es unter anderem T-DSL, Handys, Internetzugang, ISDN-Anschlüsse, Consors-Online-Broking, Online-Shopsysteme, 0700er-Telefonnummern und natürlich die bekannt preisgünstigen und dennoch zuverlässigen Websites unter eigener Domain.
Um ehrlich zu sein: wegen letzterem haben wir den 1&1-Shop lange nicht beworben, denn wir wollen ja nicht noch mehr Leute ins Unglück stürzen. Auch wollen wir unserem eigenen Provider Speedlink eigentlich nicht das Wasser abgraben. Solange die Website aber wirklich rein privat ist - und schon ein Werbebanner der 1&1-Community macht sie leider bei manchen unserer Rechtsverdreher zu einer kommerziellen Website - besteht allerdings keine Gefahr. Gleiches gilt für eine Vanity-Rufnummer wie 0700-JOHNDOE. Wer bei der 0700-Rufnummer Probleme vermeiden will, kann außerdem auf das Buchstabenäquivalent verzichten und nur eine normale Telefonnummer angeben.

Die gesammelten Erfahrungen aus nun acht Jahren Jura-Terror - und da geht es dann nicht nur um mich - habe ich in dem Buch "Internet, Recht und Abzocke" zusammengefaßt, um anderen so einen Alptraum zu ersparen.

DL2MCD

 

 
 
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